„Wir haben doch schon eine Frau in der Comedy-Show“

von Barbara Ruscher

Da ist sie wieder. Die Einladung in eine Comedy-Show als einzige Frau. Warum ich? Weil ich lustig bin? Satirisch ausgefuchst, clever und smart zugleich? Oder Witzekanone, die sich gewaschen hat, quasi Witzehaubitze? Nein. Wir Frauen werden in Shows eingeladen, weil wir Frauen sind. Frauen, die ‚auch was mit Comedy‘ machen. Frauen, die irgendwie ‚auch‘ lustig sind. 

Es läuft fast immer nach dem gleichen Schema ab. Ist ja auch toll, wenn man sich in der heutigen Zeit auch mal auf was verlassen kann, yeah.

Ein Politkabarettist oder Stand-up-Comedian, ein Klavierkabarettist, ein Künstler mit Migrationshintergrund und ein Mensch mit Brüsten. Und das kann ja nicht immer nur Chris Tall sein. Scherz, Zwinkersmiley.

Wir Frauen werden oft nicht deshalb eingeladen, weil wir womöglich qualitativ gutes Kabarett respektive gute Comedy machen. Das zeigt sich schon in der Anmoderation. Nicht die Thematik der Performance steht im Vordergrund, nein, wir werden tatsächlich jedesmal angekündigt mit: „Der nächste Künstler ist etwas ganz Besonderes, es ist eine: Frau!“ Das Publikum schreit: ‚Hurra‘. Und denkt sich danach: ‚Na und?‘

Politisch sollen wir sein. Und das bedeutet für die großen Strippenzieher der Kabarett-Szene: Name-Dropping. Sagst du Merkel, Laschet, Lauterbach, bist du politisch. Kritisierst du die Familienpolitik, indem du die Probleme beim Homeschooling aufzeigst, bist du es nicht.

Aber der Veranstalter hat Angst. Angst, dass wir versagen. Er bibbert wie Espenlaub in Anbetracht eines eingeschalteten Laubbläsers bei dem Gedanken, dass wir beim Publikum nicht ankommen. Dass womöglich die Witzepolizei samt aller Schülerlotsen nicht anerkennend die grüne Kelle zeigt. Und deshalb sollen wir Frauen auf keinen Fall ‚Frauen-Themen‘ bringen. Aha. Was besonders interessant ist, wenn im Publikum wie üblicherweise mehr Frauen als Männer sitzen. Aber das sind safe alles Frauen, die Eintritt bezahlen, um endlich mal richtige Männerthemen zu hören. Fußball, Finanzen, Frauenwitze – man interessiert sich eben für das andere Geschlecht. Umgekehrt offensichtlich nicht.

Politisch sollen wir sein. Und das bedeutet für die großen Strippenzieher der Kabarett-Szene: Name-Dropping. Sagst du Merkel, Laschet, Lauterbach, bist du politisch. Kritisierst du die Familienpolitik, indem du die Probleme beim Homeschooling aufzeigst, bist du es nicht.

Betest du abends die Zeitung runter, bist du politisch. Liest du sie morgens, willst sie abends nicht eins zu eins wiederkäuen und machst Comedy mit Gesellschaftskritik, bist du es nicht.

Jetzt kann man sagen, Moment mal, es gibt doch die „Ladies Night“. Das stimmt. Falls ihr es nicht kennt: Die „Ladies Night“ ist keine 80er-Jahre-Disco in Großbüllesheim mit Gratis-Caipi fürs Weibsvolk, sondern die einzige Sendung, in der ausschließlich Frauen auftreten. Nicht um Komiker auszuschließen, sondern um Komikerinnen zu fördern. Hunderte sehr funny Frauen mit einer großen Bandbreite an Themen spielen dort ihre besten Nummern.

Darüber hinaus: Sendungen und Shows meist mit keiner oder einer Frau und mehreren männlichen Kollegen. Und WENN man für die Show auserwählt ist, wird man von dem Veranstalter gefragt: „Sagen Sie mal, Frau Ruscher, warum gibt es eigentlich so wenig Frauen im Kabarett?“

Und dann sage ich gedudig mein Mantra auf: „Ohmmm, es gibt doch total viele.“

Dann sagt er: „Ja, das mag ja sein, aber wenig gute.“ Meine Antwort: „Da sehen Sie, wie ähnlich wir den Männern sind.“ 

Er lacht. Und ändert nichts.

Frauen werden älter und aussortiert.
Männer reifen.
Wie ein Harzer Roller.

Dabei ist doch klar, warum wir uns im TV rar machen. Weil die Fernsehredakteure uns nicht erreichen! Wir gehen nicht ans Telefon! Und warum? Weil wir beschäftigt sind. Mit Dekorieren. Hier ne Batterie an Duftkerzen, da nen Bilderrahmen selbstbeklebt mit Fimo-Mosaik, dort nen weinenden Porzellanclown, da bin ich so in meinem Element, ich würd selbst, wenn ich es klingeln hören würde, nicht drangehen.

Die guten Veranstalter geben aber nicht auf. Um diese eine Frau für ihre Show zu suchen, gehen viele von ihnen sogar in Swingerclubs – ganz selbstlos, doch ohne Erfolg, denn da sind NICHT die lustigen. Sie ziehen sich nur lustig an.

Außerdem, wer kümmert sich denn um die Kinder, wenn ich auf der Bühne stehe? Denn das werden wir Frauen gefragt. Immer. Männer nie. Auch das hat natürlich Gründe, denn die Kollegen haben Frauen zu Hause, die sich kümmern, wir Komikerinnen aber haben Männer, die sich sämtlich noch vor der Geburt ihres Kindes die Hände abhacken und somit definitiv das Kleine nicht wickeln oder füttern können, oder welche, die die Elternzeit für sich als Single-Reise mit dem Motorrad Richtung Dakar interpretieren. Ohne Kind. Deshalb muss die Oma ran.

Und dann werden wir Frauen auch noch älter. Oh Gott! Aber so ist es: Frauen werden älter und aussortiert, Männer reifen. Wie ein Harzer Roller.

Fazit: Ein paar wenige Frauen haben es ganz nach oben geschafft. Das ist toll. In Comedy- und Kabarettsendungen fehlt uns aber immer noch eine ganze Reihe an weiblichen Vorbildern. Weil viel mehr Männer sichtbar sind. Das ist es, was sich ändern muss. 

Und das ist kein Witz. —

Foto: Christoph Hardt

Hinweis: Dieser Text erschien erstmals im femMit-Magazin 1/2021

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