Journalist:innen im Iran droht die Todesstrafe
Das Regime in Teheran will die Stimmen der Frauen systematisch unterdrücken.
Text: Christopher Resch, Reporter ohne Grenzen
Iranische Journalistinnen sind derzeit doppelt gefährdet: Als Frau in einem patriarchalischen Unterdrückungssystem – und als Journalistinnen. Noch nie wurden im Iran so viele weibliche Medienschaffende verhaftet wie jetzt. Unter ihnen sind Nilufar Hamedi und Elahe Mohammadi. Ihnen wird „Verschwörung gegen die nationale Sicherheit“ vorgeworfen. Darauf kann die Todesstrafe stehen. Mehr als 500 Reporter:innen, Journalist:innen und Medienaktivist:innen im Iran verfassten daraufhin einen Aufruf für die Freilassung der beiden und aller anderen Inhaftierten – in der aktuellen Situation ein unglaublich mutiger Schritt.
Nilufar Hamedi berichtete für die Zeitung Shargh aus dem Krankenhaus, in dem Mahsa Jina Amini vor ihrem Tod im Koma lag. Die Journalistin wurde am 20. September inhaftiert. Elahe Mohammadi, Journalistin der Zeitung Ham Mihan, berichtete über Aminis Beerdigung in ihrer Heimatstadt Saqez im Nordwesten der iranischen Region Kurdistan. Die Beerdigung entwickelte sich zu einer der ersten Protestaktionen. Am 29. September wurde Hamedi inhaftiert, beide Journalistinnen sitzen nun in Trakt 209 des Evin-Gefängnisses am Rande von Teheran. In dieses wegen Foltervorwürfen berüchtigte Gefängnis steckt das Regime vor allem politische Häftlinge. Einer der konstruierten Vorwürfe: Hamedi und Mohammadi stünden mit ausländischen Geheimdiensten in Verbindung und seien von diesen ausgebildet worden, um eine Art hybriden Krieg gegen die Islamische Republik Iran zu führen.
Ihr Beispiel zeigt: Das Regime in Teheran kennt als Reaktion auf die landesweiten Proteste weiter nur Härte. Mindestens 43 Medienschaffende in allen Landesteilen des Iran wurden inhaftiert, vor Beginn der Proteste saßen bereits 14 im Gefängnis. Insgesamt 47 Journalist:innen und Reporter:innen sind nach aktuellem Stand noch immer in Haft – 15 von ihnen sind Frauen. Damit sind nun fünfmal mehr Journalistinnen inhaftiert als vor Beginn der Proteste, so viele wie noch nie.
„Frauen sind Vorreiterinnen im revolutionären Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter“, sagt die in Paris lebende iranische Journalistin und Frauenrechtlerin Nazila Golestan. „Sie stehen beim Übergang von der Theokratie zu einer säkularen Demokratie an vorderster Front, und sie haben keine Angst.“
Wer Angst zu haben scheint, ist vielmehr das Regime in Teheran. Es will die Stimmen von Frauen systematisch unterdrücken. Reporter ohne Grenzen ist zutiefst besorgt über das Schicksal dieser mutigen Journalistinnen. Was es jetzt braucht, ist internationale Solidarität. Die mutigen Journalistinnen gehen ein immens hohes Risiko ein – und nehmen sogar die Todesstrafe in Kauf. Um die Wahrheit ans Licht zu bringen, die das Regime mit aller Macht zu verbergen versucht. —
Foto: The Persian Magazine (TPM)