Klischee olé – Teil 2

Mumpitz oder nicht? Wir ­kennen alle die Klischees und die Vorurteile, die Frauen wie auch Männer regelmäßig zugeschrieben werden- und die uns den einen oder anderen Stein in den (Karriere-)Weg legen. femMit fragt Expertinnen und Experten, was wirklich Sache ist!

„Im Beruf sind Männer zielstrebiger
als Frauen.“

Dr. Julia Sperling Neurowissenschaftlerin und Partnerin bei McKinsey sagt:

Fakt ist: „Das Vorurteil hält sich hartnäckig. Aber unsere Umfragen und Erfahrungen zeigen: Zu Beginn ihrer Karriere wollen Frauen genauso häufig gestalten und Verantwortung übernehmen wie Männer. Im Laufe der Zeit stellen sie fest, dass tief verwurzelte Vorurteile ihnen Steine in den Weg legen. Die Vorgesetzten geben wichtige Projekte eher an Mitarbeiter, die einen ähnlichen Arbeits- und Führungsstil haben wie sie selbst. Spätestens wenn Kinder ins Spiel kommen, klafft die Schere auseinander, da sich leider meist noch immer die Frauen hauptsächlich um die Familie kümmern. Führungsverantwortung zu tragen, passt daher meist nicht mit einer familienfreundlichen, flexiblen Arbeitsweise zusammen. Viel zu oft werden z. B. spannende Karriereschritte im Ausland an junge Mütter nicht herangetragen, weil man davon ausgeht, es ihnen nicht zumuten zu können. Also aus meiner Sicht handelt es sich hierbei ganz klar um eine „self-fulfilling prophecy“, auch getrieben durch unbewusste Vorurteile.“

Foto: PR

„Das generische Maskulinum meint doch alle Geschlechter mit.“

Prof. Dr. Horst Simon, Professor für Historische Sprachwissenschaft am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie der Freien Universität Berlin sagt:

Fakt ist: „Das suggeriert einem der ‚gesunde Menschenverstand’; aber ohne genaues Nachforschen würde man ja auch glauben, dass die Erde stabil ist und die Sonne sich drum herum dreht. Zahlreiche psycholinguistische Experimente haben inzwischen erwiesen, dass man sich bei einem Satz wie: ‚Eine Gruppe Studenten sitzt in der Mensa’ trotz eines gegenteiligen Gefühls mancher Sprecher*innen überwiegend Männer vorstellt – genauso wie man bei: ‚Amerikaner essen gerne Hamburger; die schwangeren von ihnen essen aber lieber Salat’ kurz stutzig wird.

Mit alternativen Formulierungen lässt sich die Tendenz zur männlichen Interpretation von Personenbezeichnungen mindern. Weil keine davon immer funktioniert, könnte eine mögliche Lösung die Mischung verschiedener Strategien sein, z. B. Genderstern, Partizip (‚Studierende’) oder ein anderes Wort (‚Feuerwehrleute’ statt ‚-männer’).“


Foto: privat

„Es sind so wenig Frauen in der Politik, weil sie nicht wollen“

Dorothee Bär, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung sagt:

Fakt ist: „Das ist mir zu einfach. Die Ursachen sind ja um einiges vielschichtiger. Der Politikbetrieb ist nicht sonderlich familienfreundlich, das ist in der Phase gerade mit kleinen Kindern ein echtes Problem. Typischerweise ist die Zeit der Familiengründung nämlich auch der Abschnitt im Leben – und das gilt auch für die Politik – in dem wesentliche Weichen für Karrieren gestellt werden. Hinzu kommen noch einige logistische Herausforderungen – nehmen Sie für Bundestagsabgeordnete etwa die Pendelei zwischen dem Wahlkreis und Berlin. Lediglich knapp über 30 Prozent aller Abgeordneten im Bundestag sind Frauen, und nur ein Bruchteil dieses Bruchteils hat Kinder unter zehn Jahren. Politische Abend- und Wochenendtermine sind auch nicht leicht unterzubringen. Dass seit der Pandemie viele Sitzungen auch digital abgehalten werden, ist eine echte Erleichterung und hat gerade für Frauen viel Potenzial.

Eine Krux ist zudem, dass sich ja nachweislich erst ab einer kritischen Masse von Frauen das Klima für sie – auch was so manche Sprüche und den Umgang betrifft – merklich verbessert. Das wiederum schreckt viele ab, sich überhaupt in das politische Engagement hineinzubegeben. Da beißt sich die Katze also in den Schwanz. Aber einen Aspekt will ich auch nicht unerwähnt lassen: Interessanterweise mangelt es dem Bundestag an Vätern nicht. Das heißt: Ob jemand Karriere macht, wird auch ganz wesentlich am Familientisch entschieden. Wer schultert wie viel Familienarbeit – das ist das Zünglein an der Waage. Da ermuntere ich alle Frauen, hier auch für sich aufzustehen und nicht automatisch anzunehmen, dass sie das Familienleben im Wesentlichen alleine zu meistern haben.“


Foto: Jörg Rüger

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