Was sind denn eheliche Pflichten?

Nicht erst seit dem Tweet von Madita Oeming auf Twitter beschäftigten mich die ominösen „ehelichen Pflichten“. Immer wieder tauchte das in meinem Umfeld auf. Eine Bekannte erzählte, ihr Mann setze sie immer wieder damit unter Druck, aber ‚war ja auch nur Spaß‘. Einer Anderen begegnete es bei einer Psychologin und so weiter… Ich wunderte mich, woher das eigentlich kommt? Also fragte ich Karin Meyer-Götz. Sie ist Fachanwältin für Familien- und Steuerrecht in Dresden.

Ihre Antwort:

„Jeder denkt doch dabei zugleich daran, dass die Ehefrau dem Ehemann sexuell zur Verfügung stehen müsse oder der Ehemann regelmäßig die Ehefrau sexuell beglücken solle. Ist es das? Gibt es das heute noch? Was steht denn dazu in unserem guten alten bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)? 

In § 1353 BGB steht zur ehelichen Lebensgemeinschaft Folgendes:

„Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Sie tragen für einander Verantwortung.“

Noch im Jahre 1967 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass danach eine Rechtspflicht zur Geschlechtsgemeinschaft bestünde.

Im Familiengesetzbuch der DDR stand dazu jedoch folgendes:

„Die Ehegatten sind gleichberechtigt. Sie leben zusammen und führen einen gemeinsamen Haushalt. Alle Angelegenheiten des gemeinsamen Lebens und der Entwicklung des einzelnen werden von ihnen in beiderseitigem Einverständnis geregelt.“

Die Realität in der DDR war schon immer eine andere. Dort waren Frauen von Anfang an gleichberechtigt und konnten ihr Leben viel offener leben. In der damaligen Bundesrepublik gab es erst im Jahre 1977 eine Reform der Ehe- und Scheidungsrechtes. Der § 1353 BGB wurde jedoch nicht geändert. Daraus resultiert bis heute Folgendes:

Eheleute leben in häuslicher Gemeinschaft.

Eheleuten obliegt eine Funktionsteilung im Bereich Haushaltsführung, Kinderbetreuung, Freizeitplanung.

Eheleute leisten sich in jeglicher Lebenssituation Beistand. 

Eheleute nehmen Rücksicht auf die Persönlichkeit des anderen und achten diesen.

Eheleute tragen gemeinsam die wirtschaftliche Verantwortung in ihrer Ehe etc.

Was nun die ehelichen Pflichten anbelangt, so ist dieser Bereich äußerst persönlich und in gemeinsamer Verantwortung von den Eheleute zu entscheiden. Es gibt keinerlei rechtliche Bindungswirkung. Keiner hat vom andern etwas zu beanspruchen. Basis ist die Rücksicht und Achtung der Persönlichkeit des Anderen. Es gibt also keine sexuellen ehelichen Pflichten. 

§ 1353 BGB enthält auch noch einen zweiten Absatz. Dieser lautet wie folgt:

„Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.“

Dazu sagt die Kommentierung diese Absatzes, dass dieser angesichts der Neufassung der Scheidungsvorschriften in der Praxis obsolet geworden ist und jegliches Herstellungsverlangen rechtsmissbräuchlich sei. Wie erleichternd! 

In heutiger Zeit ist ja auch die Vergewaltigung in der Ehe strafbar!

Wir sind also zum Glück frei in jeglicher Lebensgestaltung und die Zeiten, dass das Weib dem Ehemann untertan sei, sind längstens vorbei! Das ist gut so!

Karin Meyer-Götz“

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