Hate Speech trifft Frauen härter als Männer

Fünf Fragen an Eva-Maria Kirschsieper Director of Public Policy bei Facebook für Deutschland, Österreich und die Schweiz (DACH).

Wo beginnt Hate Speech? 

Das ist natürlich keine leichte Frage, denn es gibt keine allgemeingültige Definition von Hate Speech. Auch wenn es in einigen Ländern Gesetze gegen Hassrede gibt, so unterscheiden sich die jeweiligen Definitionen erheblich. Wir definieren Hassrede in unseren Gemeinschaftsstandards als direkten Angriff auf Personen aufgrund geschützter Eigenschaften, wie zum Beispiel ethnische Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Geschlecht oder religiöse Zugehörigkeit. Dabei geht es im Grunde um gewalttätige oder menschenverachtende Sprache, schädliche Stereotypisierung, Aussagen über Minderwertigkeit oder Aufrufe, Personen auszugrenzen oder zu isolieren. Natürlich verstehen wir, dass sich Nutzer:innen auch durch Inhalte verletzt oder beleidigt fühlen, die nicht direkt unter unsere Definition von Hassrede fallen. In diesen Fällen zeigen wir Nutzer:innen alternative Optionen auf, auf für sie verletzende Inhalte zu reagieren und gegen diese vorzugehen.

Sind Frauen besonders häufig von Hate Speech betroffen? 

Wir sehen, dass Frauen zu den Gruppen gehören, die generell – sei es im Internet oder auf den Straßen – oft verbalen oder körperlichen Angriffen ausgesetzt sind, und dass die Angriffe sexistische und sexualiserte Dimensionen annehmen. Kurz: Hate Speech trifft Frauen härter als Männer. Genau aus diesem Grund ist das Geschlecht eine geschützte Kategorie in unseren Gemeinschaftsstandards. Wir arbeiten unter anderem auch mit Frauenorganisationen wie der Women’s Coalition zusammen, die uns dabei helfen, unsere Richtlinien und Maßnahmen gegen Hassrede weiter zu optimieren.

Was tut Facebook gegen Hate Speech? 

Unser Ansatz gegen Hassrede entwickelt sich kontinuierlich weiter und wir haben mit einer Vielzahl von Maßnahmen darauf reagiert. Wir haben in den letzten Jahren ziemliche Fortschritte gemacht. Dabei sind wir so transparent wie nie zuvor und haben unsere Gemeinschaftsstandards mit Hilfe von NGOs und Expert:innen bezüglich dieses Themas grundsätzlich überarbeitet. Wenn wir Hassrede auf Facebook und Instagram finden, ver-folgen wir einen Null-Toleranz-Ansatz und entfernen sie. Dafür haben wir die Zahl der Menschen, die für die Sicherheit unserer Plattformen zuständig sind, auf mittlerweile mehr als 35 000 Personen verdreifacht. Auch sind wir Vorreiter beim Einsatz Künstlicher Intelligenz. Mittlerweile erkennen wir fast 95 Prozent der Hasskommentare, die wir löschen, noch bevor Nutzer sie melden – vor zwei Jahren waren es lediglich 24 Prozent. Und auch unabhängige Gremien stellen unsere Fortschritte fest: Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Europäischen Kommission fand heraus, dass Facebook 95,7 % der Meldungen zu Hate Speech in weniger als 24 Stunden bearbeitet hat, schneller als andere Social-Media-Unternehmen. 

Natürlich wollen wir unser Vorgehen gegen Hassrede weiter verbessern und arbeiten dabei auch mit zivilgesellschaftlichen Gruppen zusammen.

Reicht es, Hate Speech zu löschen, oder muss da noch mehr passieren?

Neben unserer stetigen Verbesserung bei der Bekämpfung von Hassrede auf unserer Plattform, empfinden wir es auch als wichtig, uns online und offline bei diesem Thema gemeinsam mit starken Partnern zu engagieren und uns für eine offene Gesellschaft einzusetzen. So arbeiten wir zum Beispiel mit der Initiative #ichbinhier zusammen, die sich digital gegen Hate Speech engagieren. Facebook ist vielmehr ein Spiegel der Gesellschaft: Die zunehmende Polarisierung und die Einflussnahme auf unsere Demokratien von außen sehen wir überall: Auf den Straßen von Dresden, Berlin und München, im Bundestag, in den Medien und in vielen Diskussionen am Küchentisch, in der Kneipe oder in den Universitäten. Wenn es Spannungen in der Gesellschaft gibt, dann finden diese auch Ausdruck in den Sozialen Medien. 

Welchen Tipp geben Sie Nutze:innen, die von Hate Speech betroffen sind? 

Als erstes sollten Nutzer:innen unangenehme Erlebnisse und Posts umgehend melden – dies können sie bei jedem einzelnen Beitrag oder Kommentar. Zudem sollten sich Nutzer:innen an die Strafverfolgungsbehörden vor Ort wenden, falls sie sich durch Inhalte auf Facebook bedroht fühlen. Selbstverständlich bedeutet digitale Gewalt oftmals einen vehementen Eingriff in die Psyche der Betroffenen. In diesem Fall stellen bereits mehrere Organisationen, zum Beispiel HateAid, der VBRG oder andere Beratungsstellen Rat zum persönlichen Umgang mit Hate Speech zur Verfügung.

Hinweis: Dieser Text erschien erstmals im femMit-Magazin 1/2020

Foto: Tobias Koch

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