Firmeninterne Netzwerke: „Ich kenne niemanden, der ohne Netzwerken Karriere gemacht hat.“
Ein Gastbeitrag von Dr. Rolf Werner, Geschäftsführer Cognizant Technology Solutions in Deutschland und Head of DACH.
Gutes Netzwerken bedeutet, andere zu unterstützen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Neben meinem firmeninternen Netzwerk führe ich seit über 15 Jahren eine Liste mit Personen, die mich in der Vergangenheit unterstützt haben, die ich einmal eingestellt habe oder die einfach wertvolle Kontakte sind. Zu einigen Personen habe ich jahrelang keinen Kontakt, aber dann kommt doch die Situation, in der ich ein spannendes Angebot für diese Person habe. Und genauso geht es mir – mich rufen immer wieder Personen an, die ich vor Jahren kennengelernt habe, die plötzlich ein interessantes Thema für mich haben.
Abgesehen vom rein beruflichen Netzwerken ist Netzwerken für mich auch der ganz normale, soziale Umgang mit meinen Mitmenschen. So sehr wir uns auch bemühen, gibt es keine neutrale geschäftliche Beziehung. Sobald wir miteinander in Kontakt treten, entwickeln wir eine Einstellung zu unserem Gegenüber. Das öffnet die Tür für Vor- als auch Nachteile. Es ist wichtig, dass wir uns dessen bewusst sind, weil Chancengerechtigkeit nur entstehen kann, wenn wir uns selbst in unserer Wahrnehmung reflektieren.
Ich habe das Gefühl, dass Männer schon viele Jahre intensiver netzwerken als Frauen. Eine Rolle spielt dabei sicherlich, dass man schneller einen Zugang zu Personen findet, die einem ähnlich sind. Sozialer Status, gemeinsame Kontakte und das Elternhaus ermöglichen den Einstieg in ein Netzwerk. Ein großer Faktor sind auch Gesprächsthemen. Um einen Zugang zu einer Person zu finden, braucht man ein gemeinsames Thema außerhalb des Unternehmens oder des anstehenden Projekts. Spreche ich über etwas Persönliches, bleibt eine Person ganz anders im Gedächtnis. Fußball und Autos sind globale und omnipräsente Themen, die bei fast allen Männern funktionieren und das Eis brechen. So klischeehaft es klingt, kann es passieren, dass man mit dem Geschäftspartner spontan abends zum Fussballgucken in der Kneipe landet. Und so simpel es klingt, sind es genau diese einfachen Themen, die eine Verbindung schaffen, die dann bei der Diskussion von schwierigen geschäftlichen Themen von unschätzbarem Vorteil ist. Sie brechen das Eis und helfen, einen Zugang zur Person zu finden. Das ist für mich die Essenz des Networkings.
Natürlich möchten wir unsere Mitarbeiter:innen beim Aufbau ihres Netzwerks unterstützen. Gerade in einem so großen Unternehmen wie Cognizant ist es wichtig, sich zu vernetzen. Neben unserer Women Empowered Initiative, in der Frauen sich mit anderen Frauen vernetzen können, setzen wir auf Eigeninitiative unserer Mitarbeiter:innen. Ich finde es schwierig, zum Netzwerken aufzufordern, da es für mich natürliches Verhalten beschreibt. Wir sind alle Menschen, und sozialer Umgang ist auch im Business völlig normal. Spätestens seitdem wir alle oft im Homeoffice sind, wissen wir, dass auch Kolleg:innen ein Privatleben haben. Ich wünsche mir, dass das Netzwerken auch genderübergreifend normaler wird, auch wenn man bei der Themenfindung hier kreativer sein muss. Der Austausch bereichert uns, und wir können voneinander lernen. Daher ist es wichtig, dass wir lernen, uns komplett auf die Interessen der Gegenseite einzulassen und uns interessiert und offen zeigen, um eine Verbindung aufzubauen. Ich wünsche mir, dass es auch für meine Töchter, die 22 und 24 Jahre alt sind, keine Rolle spielt, ob sie Töchter oder Söhne sind, um Teil eines Netzwerks sein zu können.
Netzwerke bringen Vorteile, die über die Sachebene hinausgehen: Sie bringen nicht nur Faktenwissen, sondern man erfährt Stimmungen und Emotionen. Diese Informationen helfen uns dabei, Entscheidungen besser zu verstehen und gegebenenfalls auch zu beschleunigen. Kürzere Entscheidungswege können wiederum den Erfolg eines Unternehmens beschleunigen. Ich kenne niemanden, der ohne Netzwerken Karriere gemacht hat. Es ist entscheidend, sichtbar zu sein – nur wer sichtbar ist, wer Teil eines Netzwerkes ist, kann Einfluss nehmen und letztlich sowohl seine eigene Karriere als auch den Erfolg des Unternehmens voranbringen.
Netzwerken bedeutet erst einmal zu geben und darauf zu vertrauen, dass man irgendwann etwas zurückbekommt – vielleicht von der gleichen, vielleicht aber auch von einer anderen Person. Es geht darum, positive Begegnungen zu schaffen und Menschen zu unterstützen, ob mit einem Jobangebot, der Unterstützung eines Projekts oder durch Bereitstellung von hilfreichen Informationen. Und manchmal geht es auch einfach darum, für andere da zu sein. Nach einem schlechten Tag oder einem anstrengenden Termin braucht es nicht immer einen klugen Ratschlag oder konkrete Unterstützung, sondern einfach das Gefühl, dass jemand einem zuhört und versteht. Diese Art der positiven Begegnung ist für mich unverzichtbar. —
Dieser Beitrag erschien erstmals in femMit-Magazin Ausgabe 4.
Foto: Erik Spilles